Samstag, 27. September 2014

Reina Sofia (Entrée 119)


Grau in grau (Entrée 118)


ICOM Österreich "evaluiert" die Museums-Weiterbildung

ICOM Österreich beabsichtigt, wie im bislang letzten Newsletter mitgeteilt wird, eine Art von Akkreditierung für Ausbildung im Museumsbereich einzuführen. Natürlich kann man die Unterscheidung nicht so weit treiben, daß man dies erlaubt und jenes verbietet, aber man setzt auf die Autorität des Vereins, gibt einen Fragebogen aus und wird dann Empfehlungen aussprechen - oder auch nicht.
Ein Betroffener, der Weiterbildung anbietet: "Das werden alle bekommen, wie beim Museumsgütesiegel."
So kann man's auch sehen.
Allerdings auch so: ICOM hat sich nie für Aus- und Weiterbildung stark gemacht, hat nie Diskussionen zur Professionalität der Museumsberufe abgehalten, hat kaum wo je einschlägige Initiativen unterstützt. ICOM hat in seinem Vorstand keine nennenswerte Expertise in diesem Feld, es bleibt unklar, wer eigentlich beurteilen soll, wer "zugelassen" wird, es existieren auch keine Kriterien, dafür was wünschenswert ist und wonach denn bewertet wird.
Offenbar wird auch keine Rücksicht auf die völlig unterschiedlichen Organisationsformen, Trägerschaften oder Zielgruppen, die es auf dem weiten Feld der Weiterbildung nun mal gibt.
Es gibt einen Fragebogen, der solche Zielkriterien nicht erkennen läßt, jedenfalls nicht explizit. Fragen beziehen sich z.B. darauf, ob man ICOM-Mitgliedern Ermäßigung gewähre oder ob man ICOM-Mitglieder einlade, was auf eine Vermischung der "Evaluation" mit Vereinsinteressen nahelegt.
Möglich, daß der zitierte Betroffene recht hat und alles bleibt wie es ist.
Und nicht nur in dieser Hinsicht darf man sich fragen, wozu das alles gut sein soll. Denn das ganze findet unter der "Schirmherrschaft" einer ICOM-Präsidentin statt, die nie eine Museumsausbildung erhalten hat. Und ihren Job doch ganz toll macht.

Montag, 15. September 2014

Das Hessische Landesmuseum in Darmstadt ist wieder geöffnet

Unter dem Titel "Wimmelnde Welt" hat Christian Thomas dem nach vieljähriger Schließung und Sanierung heute wieder geöffneten Hessischen Landesmuseum in Darmstadt in der Frankfurter Rundschau einen schönen Artikel gewidmet.
So umfassendes Einlassen auf das Konzept des Museums und seine Umsetzung findet man nicht so oft - und der Artikel macht Lust aufs Hinfahren und Anschauen.



Samstag, 13. September 2014

Museumsszene




Lecture Hall, Mechanics’ Institution, Derby, 1839
Hand Coloured Lithograph Print, from a drawing by Samuel Rayner
Image © and courtesy of Derby Museum & Art Gallery

Montag, 8. September 2014

The eagle has landed... (Entrée 117)


Seltene Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum

Via Anton Tantner und das Facebook werde ich mit dem Auszug einer Kritik an den laufenden Weltkriegsausstellungen bekannt. Seiner Einschätzung, daß der Text im "Augustin" von Robert Sommer eine "vernichtende" Kritik sei, kann ich nicht folgen. Es sind Anmerkungen und Beobachtungen, aber eine Kritik müsste wesentlich umfassender sein. Immerhin: Das Heeresgeschichtliche Museum verdiente jede Menge kritik und seltsamerweise gibt es die praktisch nicht. Die Historikerzunft ist bei Museums- und Ausstellungskritiken sowieso ziemlich absent.
DEshalb gebe ich hier die Passage wieder, die ohnehin schon über Facebook zirkuliert, als Anstoß, daß sich doch mal jemand dem Heeresgeschichtlichen Museum annehmen sollte.

Robert Sommer im "August" (Nr. 373, 3.9.2014, S.24f): "Das HGM hatte 5 Millionen Euro zur Verfügung, um die Ausstellungsräume 'Erster Weltkrieg' zu erneueren. Eine Chance wurde vertan. (...) Radetzky, Gottvater des österreichischen Militarismus, scheint mit seiner Präsenz das Einsickern zivilen Geistes ins Arsenal zu überwachen. Die Military-Modeschau - Vitrinen voller fesch herausgeputzter Ulanen, Dragoner, Militärgeistlicher, Pioniere, Infanteristen, Militärrechnungsbeamter, Landesschützen oder Gardewachtmeister - nimmt die Hälfte der Fläche ein. (...) Keinem Besucher, keiner Besucherin entgeht, was der eigentliche Hochaltar der Weltkriegsausstellung im Arsenal ist. Es ist die plankgeputzte, 80 Tonnen schwere 38-cm-Haubitze aus den Pilsener Skodawerken, die vom Rapidplatz aus das Horr-Stadion beschießen hätte könne, um die Reichweite zu veranschaulichen. Ein großer Teil der Kosten für die Neugestaltung des Teils zum Ersten Weltkrieg wurde für die Absenkung des Museumsniveaus verwendet. Erst dadurch ereichte man eine Saalhöhe, die nötig war, um die Haubitze in voller Pracht aufzustellen. (...) Wenn dieses letztlich versagende Unding den Hochaltar abgibt, so bilden das Sarajewo-Attentats-Originalauto (...) und Albin Egger-Lienz' berühmtes riesigformatiges Kriegspropagandagemälde 'Den Namenlosen 1914' quasi die Seitenaltäre."

Sein sechstes und letztes Museum. Reinhold Messner gründet und baut wieder

In den Dolomiten wird derzeit am sechsten der Messner Monutain Museums (so der Sammelname und die Marke) Reinhold Messners gebaut. Anstatt einer eigenen Charakterisierung gebe ich hier den Text der messnerschen Webseite wieder, in der er unter anderem Zaha Hadid als talentiert bezeichnet und auch sons recht schön sagt, was es denn nun mal wird..."ein Erfolgsrezept".

Schon Paul Grohmann, Erstbesteiger vieler anspruchsvoller Dolomitengipfel, schrieb einst: "Es besteht für mich kein Zweifel, dass die Rundschau vom Kronplatz eine der schönsten in den Dolomiten ist, und kein Gipfel, den ich kenne, vereinigt wieder die beiden Gegensätze Marmolata und Zillertaler Ferner in solcher Weise mit der schönsten Talaussicht, die man sich denken kann. "
Die einzigartige Lage des Kronplatz war es, die Reinhold Messner dazu bewogen hat, sein sechstes und letztes Museum hier zu eröffnen – eingebettet zwischen dem UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten und der Zillertaler Bergwelt in einem Schmelztiegel der deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Kulturgruppen.

Das Thema des Museums wird der "Fels" und das Leben der Bergsteiger sein. Der Fels und das Leben der Bergsteiger werden die zentralen Themen des Messner Mountain Museums sein, veranschaulicht anhand von einzigartigen Sammlungen, Bildern und verschiedenen Gegenständen, die Reinhold Messner in seinem Leben als Grenzgänger gesammelt hat.
Die architektonische Umsetzung der Ideen wurde dem weltbekannten Architekturbüro Zaha Hadid anvertraut. Zaha Hadid zählt zu den talentiertesten und innovativsten Architektinnen der Gegenwart.
 Reinhold Messner, Zaha Hadid und Kronplatz – ein Erfolgsrezept, das die Presse bereits jetzt beschäftigt.





Überaltert bis zur Morbidität: Das Musée Carnavalet in Paris

Das Museum - eine stehengebliebene Uhr...

Das Musée Carnavalet, das Pariser Stadtmuseum, könnte man sich gut als Schauplatz für Vladimir Nabokovs unheimliche Erzählung "Ein Museumsbesuch" vorstellen. Es wären nur einige Handgriffe eines Filmarchitekten, eines geschickten Kulissenmachers nötig, eines Szenografen nötig, um seine ohnehin starke Atmosphäre von Verlassenheit, Verstaubtheit und Überholtheit zuzuspitzen und ihm eine Färbung Bedrohlichkeit oder Melancholie zu verleihen.

Ich stellte mir Nabokovs seltsam geisterhaftes Museum immer als eines jener "aufgegebenen" Museen vor, wie es sie ja in Wirklichkeit noch immer und nicht selten gibt und für das das Carnavalet ein Beispiel ist. Unter "aufgegeben" verstehe ich ein Museum, das von den Verantwortlichen aufgegeben, das heißt, nicht mehr ausreichend gepflegt, nicht mehr genügend betreut wird, das uns den Eindruck vermittelt, es würde sich niemand mehr um es kümmern. Dem Besucher begegnen veraltete Anschläge, ein lädiertes Leitsystem, Staub, Dämmrigkeit, lustlose Mitarbeiter, ungepflegte Räume, veraltete Installationen, halbblinde Vitrinen.
Im Carnavalet trifft man gleich zu beginn, im Treppenhaus, auf eine abgeschabte Gipsstatue, sehr zweifelhafter ästhetischer und dokumentarischer Qualität, dann auf aus einem Gebäude gerettete vergoldete Wandtäfelungen, ein sonderbar scheußliches Nashorn auf einem undatierbaren Gemälde, eine Wachsbüste unsicherer Zuschreibung, Vitrinen ohne Beleuchtungen, einen Raum ganz ohne Licht, unzählige handgeschriebene Zettelchen, die die Abwesenheit von Gemälden oder Plastiken rechtfertigen. Orientierung sucht man im weitläufigen Gebäude vergeblich, es sei denn man kann Evakuierungspläne lesen, die aushängen.



Ich kenne das Museum schon lange. Es war nie anders. Inzwischen ist es noch abgenutzter, noch vernachlässigter, noch morbider denn je. An der Kassa ein Schild, die englischsprachige Museums-Broschüre sei leider vergriffen, man möge sie sich im Internet runterladen. Wäre ganz praktisch, so ein Museumsleitfaden, denn im Museum werden einem nur Objektbeschriftungen geboten. Da die Chronologie überhaupt die Ordnung, die das Museum hat, manchmal unklar ist, hat man auch keine Chance, sich aus den Aberhunderten von Objekten so etwas wie eine Erzählung zusammenzubasteln.

Das Carnavalet ist ein Stadtmuseum und als solches würde man ein historisches Museum erwarten. Aber wie bei vielen anderen Stadtmuseen auch, stützt es sich überwiegend auf Kunstwerke, Gemälde, Plastiken, Stiche, Pläne, Modelle, die in erster Linie als vereinzelte und um ihrer Ästhetik willen ausgestellt sind. Sinnhafte, visuelle Stützung von historischen Zusammenhängen, Ereignissen, Strukturen, gibt es nicht. Nirgendwo ist durch sinnhafte Zusammenstellung so etwas wie eine Information zu erkennen, es sei denn, die Zusammenstellung eines Bettes und eines Stadtmodelles verweisen auf einen Architekten, der seine Pläne noch einmal überschläft. Die Gemälde, die Raum um Raum füllen und große Zeitabschnitte vollkommen dominieren, sind von oft unterirdischer ästhetischer und fragwürdiger oder nicht erkennbarer dokumentarischer Qualität. Wie man in einer Stadt der bedeutendsten Kunstmuseen eine solch inferiore Auswahl treffen kann, ist rätselhaft. 


 
Nirgendwo habe ich eine solche Diskrepanz von Ort und Museum erlebt. Paris, eine Stadt wie keine, die Hauptstadt des XIX.Jahrhunderts. Nichts davon hier. Stadtplanung, Stadterweiterung, Haussmann? Die Stadt der Literatur, der Grand Opera, der sozialen Gegensätze und Revolutionen? Nichts oder herzlich wenig. Weltausstellungen? Nahezu nichts. Aufklärung, Geschichte der Wissenschaft, das Theater. Nichts. Das XX. Jahrhundert findet nur in Genre- und Porträtmalerei statt, und auch das nur bis etwa zu seiner Mitte. Dann ist Schluss. 1871, Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, die Besetzung von Paris. Nichts. Nichts zu den großen Konflikten des 19.Jahrhunderts, nichts zur Affaire Dreyfuss, nichts zum Pariser Judentum. Nichts zur Entwicklung der Presse, der Erfindung der Fotografie (übrigens: es findet sich kaum ein Foto unter den ausgestellten Objekten), des Kinos. Absolut nichts. Nur zufällig oder wenn man sich schon sehr gut auskennt, findet man interessante Objekte, wie etwa die Porträts der Protagonisten der Großen Revolution, Dokumente zur Commune, interessante Stadtveduten - doch das alles geht unter im großen Sammelsurium.
Ein Museum von so umfassender Ignoranz muß man erst einmal zusammenbringen. Und man hat in Paris keine Alternative, bis auf Splitter der Stadtgeschichte in diversen Spezialmuseen ist das
d a s Museum über die Stadt.

Immerhin ist das Museum ein guter Arbeitgeber. In jeder Ecke eine Aufsichtsperson, die hier einen besonders trostlosen Job machen in einem so freudlosen und auch architektonisch ungepflegten, sichtlich dahinsiechendem Haus.




Mir ist der Gedanke durch den Kopf gegangen, vielleicht verfolgt der Museumsstab die Taktik, seinen zurückhaltend finanzierenden Träger, die Stadtverwaltung, durch fortschreitendes Vernachlässigen sozusagen zur Revision zu nötigen. So wie Immobilienbesitzer durch Verfall Verwaltung oder Denkmalpflege zwingen einem Abriss zuzustimmen. Wenns so ist, dann war das nicht erfolgreich, das Museum hat schon vor 25 Jahren so vor sich hin gedöst. Ein neues Stadtmuseum würde tatsächlich einem Abriss des Museums nahekommen.
Und ein Café, in dem man sich von den mannigfachen Schrecken des Hauses etwas erholen könnte, gibt's nicht. Das auch noch!

Dienstag, 2. September 2014

Bison, eingelegt (Texte im Museum 494)



Breaking news in der causa Essl

Sammlung Essl: Der Industrielle H.P. Haselsteiner soll den Teil der Sammlung Essl mit österreichischer Kunst bereits übernommen haben. Internationale Werke sollen angeblich versteigert werden und der Erlös in die Sanierung des Baumax-Konzerns investiert werden. Ob damit auch die Weiterführung des Museums ermöglicht wurde, wurde nicht berichtet.
Die Presse, hier http://diepresse.com/home/kultur/kunst/3863554/Haselsteiner-rettet-Sammlung-Essl?_vl_backlink=%2Fhome%2Findex.do
Und nun auch der Kurier: http://kurier.at/kultur/kunst/gerettet-haselsteiner-kauft-sammlung-essl/83.385.921
Und am 2. September detaillierter zum Deal Essl - Haselsteiner und zur Versteigerung von Werken aus der Sammlung Esslb bei Christies: http://derstandard.at/2000005076484/Sammlung-heimischer-Kunst-bleibt-erhalten

Dienstag, 5. August 2014

Museumsszene



Roger Fenton (English, 1819-1869): Manchester Art Treasures 1857 Albumen silver print

Es gibt noch Institutionenkritik am Museum. Im "Kurier".

"Wiir sind jetzt also wieder im Barock. In einer Zeit, in der sich eine Elite in abgeschlossenen Zirkeln vergnügte und das Volk sich glücklich schätzen konnte, wenn es einen Blick auf die schönen, wenn auch seltsamen Spiele der edlen Herrschaften erhaschen konnte. Der Unterschied ist: Heute, 2014, dienen öffentliche Museen als Guckkästen auf diese Elite. Selbst zum Sammeln nicht mehr fähig, sehen sich die Institutionen gezwungen, dem neuen Geldadel unter Vernachlässigung ihrer ureigensten Aufgaben den Hof zu machen."
So beginnt der Artikel von Michael Huber über die Ausstellung der Pivatsammlung Titze in den der Österreichischen Galerie durch die ehemalige Finanzministerin überlassenen Repräsentationsräume im Finanzministerium, einem barocken Palais des Prinzen Eugen.
Der Artikel verrät, daß der Autor eine reflektierte und kritische Vorstellung vom Museum, von Ausstellungen, vom Kunstbetrieb und -Markt hat. Unter den vielen affirmativen oder halbherzigen Artikeln auf diversen Kulturseiten (die sich Zeitungen ohnehin immer weniger leisten) war das mal ein auffallendes Lesevergnügen.

Und hier geht's zum Artikel: http://kurier.at/kultur/kunst/love-story-im-belvedere-ein-guckkasten-auf-die-elite/73.368.576