Montag, 19. Dezember 2011

Die Gastfreundschaft der Museen, zum Beispiel der österreichischen Bundesmuseen

Angesichts des Redens vom besucherorientierten Museum oder der dienstleistungsorientierten Besucherfreundlichkeit werden Unfreundlichkeiten am Museum aussterben wie die grantigen Wiener Ober. Sicher! Sicher?
Na sicher nicht! Diese Folklore hält sich auch zäh.
Im eben eröffneten "21" (Museum des 21. Jahrhunderts) frage ich, ob Fotografieren erlaubt ist. "Ja, aber nur die Architektur, nicht die Werke". Ich fotografiere und ich gehe in das Obergeschoss und fotografiere und werde angeschnauzt wie nie mehr, seit ich beim Militär war. "Fotografieren ist hier verboten".
Hektisches hin- und herfunken, jede Aufsicht hat einen Knopf im Ohr und ein Mikro, als ich einwende, daß es vor ein paar Minuten grade noch erlaubt war.
Eine Wachmannschaft wie für einen russischen Oligarchen auf Skiurlaub in Kitzbühel. Und dazu jede Menge Videokameras. Jederzeit kann hier offenbar etwas ganz Fürchterliches losbrechen.
Dann darf ich wieder. Beiseitegemurmelte Entschuldigung.
Der überwachte Besucher. 21er-Haus (2011)

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Am Morgen beschließe ich beim Frühstück, mal wieder das Pathologisch-Anatomische Bundesmuseum aufzusuchen, da käme ich grade um 10 Uhr zurecht, also wenn das Museum öffnet. Und es ist Samstag.
Ich gehe durch das menschenleere, kalte, windige Gelände des Uni-Campus bis ich vor dem 'Narrenturm' stehe, der aussieht wie immer: fast schon ruinös, mit blätternder Fassade. Jetzt gibt es einen Bauzaun rundherum, möglicherweise, weil der Zustand der Fassade schon gefährlich geworden ist.
In einem kleinen Kammerl empfangen mich zwei freundliche junge Frauen, die sichtlich frieren. Im Stehen erledigen Sie mein nicht so völlig unübliches Anliegen, ins Museum gehen zu dürfen, mit handschriftlichen Einträgen in eine Buch, das vor ihnen liegt. Den ICOM Ausweis kennen sie nicht. Sie beraten sich, ohne sachliches Ergebnis, zeigen sich aber großmütig. Ich darf kostenlos rein, nur für die Studiensammlung hätte ich zu zahlen.
Der Raum, in dem wir uns befinden, ist unbeschreiblich. Unaufgeräumt, abweisend, düster, kalt. Der Strom sei ausgefallen. Heuer werde mit einer Renovierung begonnen. Im obersten Stockwerk, leider, denn im untersten liegt die öffentlich zugängliche Schausammlung.
Ich denke mir, nein, warum soll ich mich in ein kaltes, ungemütliches Museum begeben, eins das einen empfängt, als wärs kurz vor dem Zugrundegehen? Ich drehe um, hab ich auch noch nie gemacht. Es gibt besser geheizte, freundlicher empfangende Museen.
Irgendwann wird die Museumsleitung ihre Mitarbeiterinnen ernst nehmen und über das Tarifsystem informieren und sich darum kümnmern, daß die einen vernünftigen Arbeitsplatz bekommen. Irgendwann wird die Museumsleitung entdecken, daß man kein Geld und nur ein paar Ideen braucht, um einen Empfangsraum erträglich zu gestalten (erst mal könnte man aufräumen).
Der sogenannte Narrenturm. So sieht er aus, seit etwa 30, 80, 120 Jahren?

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Im Völkerkundemuseum halte ich mich sehr lange in der Ausstellung über die ehemalige Leiterin, Violetta Becker-Donner, auf. Ich kaufe einen Katalog und wende mich zum Gehen, als hinter mir zwei Besucher nach der Benin-Sammlung fragen. Nein, die Benin-Ausstellung sei schon längst geschlossen, mißversteht der Mitarbeiter die Frage. Ich gehe.
Ich habe es fast bei jedem Besuch erlebt, daß Besucher nach den Sammlungen oder auch nach bestimmten Sammlungsbeständen gefragt haben. Buchstäblich jahrelang gab es auf der Webseite des Museums keinen Hinweis darauf, daß es außer der "Götterbilder"-Ausstellung nichts von den Sammlungen des Hauses zu sehen gibt.
"Aufgrund einer Neukonzeption der Schausammlungen und noch nicht abgeschlossener Sanierungsarbeiten" heißt es nun auf der Webpage,  "ist im Augenblick abgesehen von den Sonderausstellungen nur die Sammlung Süd- und Südostasien und Himalayaländer: Götterbilder zugänglich." Im Augenblick? Welche Neukonzeption?
Im Besucherbuch, hier bemerkenswerterweise 'Beschwerdebuch' genannt, gab es viele und lange Einträge, wo Besucher auf diesen eklatanten Mangel aufmerksam machten. Das Buch ist weg, es war schon vor Monaten weg, und ich denke mir, man will keine Besucherreaktionen mehr. Kein Besucherbuch, keine Beschwerden. Und: Keine Sammlung, bis...??
Die Cafetteria des Museums für Völkerkunde (2011)




1 Kommentar:

  1. schade um die erinnerungen ans 20er haus.. jetzt betreten wir den gebauten sachzwang.
    gilt auch für den schönen schein des völkerkundemuseums, minimundus der kulturen, wo ist die politische message des hauses?

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