Sonntag, 5. September 2010

Das MART Rovereto


Italien ist vom Boom der Museumsarchitektur, der sich seit etwa 1980 entwickelt hat, kaum berührt worden. Zaha Hadids Museum des XXI. Jahrhunderts in Rom ist - fast - ein Einzelfall. Eine andere, spektakuläre Ausnahme ist ein Museum in einer relativ unbekannten, touristisch kaum bedeutenden Stadt: Rovereto. In dieser Stadt ist aufgrund eher zufällig sich kreuzender Ereignisse ein große Futuristensammlung entstanden, die zwar museal präsentiert wurde, aber nur in bescheidenen Umfang. Die Region Trentino sah eine Chance, sich kulturell zu profilieren und finanzierte einen ambitionierten Neubau. Der mehr ist als ein Museum, hier findet sich auch eine Bibliothek, ein Veranstaltungssaal, die Stadtbibliothek, eine Forschungs- und Dokumentationsstelle zum Italienischen Futurismus und natürlich auch das obligatorische Cafe-Restaurant und ein Museumsshop.
Von der Bedeutung der Sammlung habe ich zum ersten Mal eine Vorstellung bekommen, als ich in Paris eine Ausstellung zur italienischen Moderne gesehen habe, die wesentlich von der Sammlung des MART - so heißt das Museum im Kürzel - getragen wurde.
Der Besuch am Ort war dagegen fast eine Enttäuschung. Denn nur ein Stockwerk steht derzeit der Sonderausstellung und der Sammlungsausstellung zur Verfügung, die übrigen dienen kleineren Ausstellungen und den genannten anderen Funktionen.
Man betritt also ein großes, weitläufiges Museum, mit fast labyrinthischen Wegführungen über einem an sich ganz klaren und rationalen Grundriss. Drei Flügel gruppieren sich um eine 'Piazza', die wiederum durch eine zentrale, in der Hauptachse liegende Treppe erschlossen werden.
Hier gibt es erstaunlich viel Raum jenseits der Sammlungen, von dem nicht recht ersichtlich ist, welche Funktion er hat. Rund um einen zentralen, durch alle Geschoße reichenden Schacht liegen offene Räume, die nur der Kommunikation zu dienen scheinen, wiewohl von dort keine nutzbare Kommunikationswege zur Hand sind, da ja die Ausstellungen nur im obersten Stockwerk zu finden sind.
Bemerkenswert ist, wie der Architekt des Museums, Mario Botta, den Bau in die vorhandene historische Bebauung eingefügt hat. Da das Museum hinter zwei Palais liegt, gibt es keine monumentale Fassade. Der Zugang zwischen den Palais, auch eine offene Sichtachse, wird als Blick in eine gleichsam aufgesprengtes Pantheon inszeniert. Vor dem Museum liegt ein Raum, der nach vorne und nach oben offen, sowohl Innen- als auch Außenraum ist, 'Pantheon' und 'Piazza'. Als vor dem Museum gelegen ist er funktional Stadtraum und -platz, wenngleich das Pathos der überkuppelten Rotunde (eine Bauform, die in der gesamten Geschichte der Museumsarchitektur variiert wird) und die ja meist im Museum liegt, auch auf das Museum 'abfärbt'.
Wie James Sterling bei der Stuttgarter Staatsgalerie gewinnt Botta der sakralen Würdeform des überkuppelten Rundsaales die praktikable und sozialisierende Funktion des urbanen 'Sammlungs'raumes zurück und gibt ihm als 'Vorhof' des Museums die Aufgabe des bedeutungsvollen Empfangsraumes.

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